Bei der Auswahl eines Drehortes wird leider viel zu selten die Akustik bedacht – oder es ist schlichtweg aus Budgetgründen nicht möglich, den tontechnischen Anforderungen gerecht zu werden. Ein typisches Beispiel: Es wird in einem großen Raum oder gar einer Halle gedreht, doch der Originalton soll hallfrei sein.
In dem Fall kann es helfen, großflächig dicken Stoff wie Molton aufzuhängen um die Hallfahne zu reduzieren. Wichtig dabei: Viel hilft viel!
REDUZIERT HALL MIT VIEL MOLTON!
Das Foto zeigt ein Beispiel dafür aus einem Erklärfilmdreh, den ich vergangene Woche tontechnisch begleitet habe…
Nachdem ich im Tipp Nr.28 erläutert habe, in welchem Fall bevorzugt stereofon aufgenommen werden sollte, möchte ich nun auf unterschiedliche Stereomikrofonierungsverfahren hinweisen. Die Verfahren unterscheiden sich darin, wie kompatibel das Ergebnis zur monowiedergabe ist, wie breit das akustische Bild erscheint und wie portabel, aufwendig und platzsparend der Mikrofonaufbau ist.
Bevor ich allerdings im Detail auf die beliebtesten und gebräuchlichsten Verfahren eingehe, ist es notwendig, die Richtcharakteristiken von Mikrofonen zu kennen. Viele Themen also für zukünftige Tipps, hier jetzt aber schonmal der übergeordnete Ratschlag:
WÄHLE DAS PASSENDE STEREOMIKROFONIERUNGSVERFAHREN!
Mono oder stereo aufnehmen? Die Frage ist einfach zu beantworten: Handelt es sich um eine einzelne Klanquelle wie z.B. eine sprechende Person? Dann ist eine einzige Mikrofonkapsel die richtige Wahl.
Wenn zwei oder mehr Personen sprechen, dann handelt es sich weiterhin um einzelne Schallquellen. Die kann man mit einem Mikrofon an der Angel einfangen oder – wenn die Distanzen zwischen den Sprechern zu groß sind – mit zwei oder noch mehr Angelmikrofonen. Für den fertigen Film werden diese Mikrofone dann mittig im Stereobild positioniert. Dadurch entsteht dann der fertige O-Ton in mono.
Mit Stereofonie werden Techniken bezeichnet, die mit Hilfe von zwei oder mehr Schallquellen einen räumlichen Schalleindruck beim natürlichen Hören erzeugen. Dafür braucht es auch mindestens zwei Mikrofone, die in einer bestimmten Anordnung aufgebaut werden müssen. Zu den möglichen Stereomikrofonierungsverfahren werde ich in naher Zukunft noch mehrere Tipps geben. An dieser Stelle aber die wichtige Erkenntnis:
HANDELT ES SICH UM EINE ATMOSPHÄRE, DIE AUS VIELEN SCHALLEREIGNISSEN BESTEHT, SOLLTET IHR IN STEREO AUFNEHMEN!
Was sind also solch typische Atmosphären, kurz Atmos? Die Geräusche der Stadt, der Wind in den Blättern der Bäume, die Wellen am Meer, die Geräuschwelt in einer Produktionshalle, der Kuhstall auf einem Bauernhof, die Besucher einer Messe, die Betriebsamkeit in einem Büro usw.
Und hier mal beispielhaft eine Schrebergartenatmo an einem heißen Sommertag:
Gleich noch ein Tipp zur Tonangel hinterher: Das Tonkabel sollte gewissenhaft in mehreren Runden um die Angel gelegt werden, es darf bei Bewegungen nicht an die Angel schlagen und dadurch Störgeräusche verursachen. Ich rate auch dazu, das Kabel nicht an der Angel festzukleben. Oft sind schnelle Änderungen der Angellänge nötig, da stört das Festkleben eher.
VERHINDERT STÖRGERÄUSCHE DES KABELS AN DER TONANGEL!
Die Tonangel ist nicht nur ein Stock mit einem Mikrofon vorn dran, sondern ein wichtiges Werkzeug des Filmtonteams. Gute Tonangeln sind leichtgewichtig, stabil, steif, mit mehreren Auszügen in ihrer Länge variabel und unempfindlich gegenüber Griffgeräuschen.
Tonangeln bedürfen keiner zeitaufwendigen Pflege. Trotzdem sollte Sand und Dreck von der Angel entfernt werden, damit sie weiter leichtgängig bleibt. Des Weiteren sollten die Schraubverschlüsse der Angelauszüge für die Lagerung gelockert werden, damit ihre Funktionsfähigkeit erhalten bleibt. Eine Tasche für die Angel ist zu empfehlen.
PFLEGT DIE ANGEL!
Gute und professionelle Tonangeln gibt es unter dem Namen Quickpole von Ambient Recording/München. (Für diese Werbung werde ich nicht bezahlt)
Die Positionierung des (Angel-) Mikrofons sollte auch unter Berücksichtigung der Kameraposition gewählt werden. Stimmen „Point of view“ und „Point of listening“ überein?
Neben dem offensichtlichen Tonequipment bestehend aus Rekorder, Mikrofon, Kopfhörer usw. gibt es natürlich auch kleine unentbehrliche Gadgets, die mir in hektischen Momenten und bei kniffligen Aufgaben oft entscheidend geholfen haben. Diese möchte ich Euch nicht vorenthalten:
Multifunktionstool Leatherman Wave mit Bit-Erweiterung (gerade gibts neue Leatherman Modelle, die habe ich aber noch nicht testen können) mit geräuschfreiem Nylonholster (im Gegensatz zum Druckknopf-Lederholster): die Akkus der 7er Serie von Sounddevices lassen sich damit am besten wechseln!
Klebematerial für die Ansteckmikrofone
Maglite mit Gürtelhalterung
Tesa 4651 „Lasso“ (ich nehme nie die ganze Rolle mit, es reicht aus, einen Teil um eine Plastikrolle zu wickeln)
alle wichtigen Bedienungsanleitungen auf dem Handy
Der mitgelieferte Rycote Schraubendreher, um die Bügel an der Pistole festzuziehen
Frischhaltefolie, um Geräte bei Bedarf vor Wasser, Sand u.ä. zu schützen
Filzgleiter für Tische und Stühle
WD40 gegen quietschende Türen, Scharniere usw
Filmklappe mit wasserlöslichem Stift
Hush Heals gegen laute Schritte
Nadel und Faden (schwarz und weiß) um Ansteckmikrofone anzunähen
Die genannten Gadgets trage ich entweder am Gürtel, in der Gürteltasche Hoss von Bestboy oder sie warten in meinem Portabrace Rucksack auf ihren Einsatz. Um meinen Rücken zu schonen habe ich von allen Dingen die kleinste oder leichteste Version und verzichte auf unnötige Umverpackungen.
Liebe Eeva, danke dass Du mich darauf hingewiesen hast, daß die Gadgets mal einen Tipp wert wären!
Es geht weiter mit den Ratschlägen zu Ansteckmikrofonen: Fast alle Ansteckmikros haben Kugelcharakteristik und „hören“ in alle Richtung gleichermaßen (omnidirectional). Es ist also bei der Anbringung egal, ob das Mikrofon nach oben, unten oder zur Seite zeigt.
Ein paar Ausnahmen gibt es allerdings bezüglich der Richtcharakteristik, so zB das Sennheiser MKE40 mit Nierencharakteristik (Cardioid). Hier ist es extrem wichtig das Mikrofon in Sprecherrichtung auszurichten!
Und hier gleich noch ein weiterer Tipp zur Anbringung von Ansteckmikrofonen: Spricht der Interviewpartner eher nach links oder eher nach rechts? Danach richtet sich auch die korrekte Anbringung des Mikrofons am Kostüm. Bringt man das Mikrofon auf der sprecherabgewandten Seite an, verliert die Stimme gleich an Pegel und Verständlichkeit! Daher:
Bei Interviews wird häufig ein dauerpolarisiertes Kondensatormikrofon, auch Lavaliermikrofon genannt, verwendet. Diese Mikrofone sind klein, leicht, relativ günstig und können entweder per Kabel oder per Funk mit dem Tonrekorder verbunden werden. Die Anbringung am Interviewpartner kann entweder versteckt unter der Kleidung oder mehr oder weniger sichtbar über der Kleidung ausgeführt werden.
WENN OPTISCH NICHTS DAGEGEN SPRICHT, BRINGE DAS ANSTECKMIKROFON FÜR DEN BESSEREN SOUND AUßERHALB DER KLEIDUNG AN!