„Point Blank“ bezieht sich auf eine Filmszene aus „The Misfits“ (1961), die in Julia Charlotte Richters Arbeit reinszeniert und weiterführend kontextualisiert wird. In der Originalszene bäumt sich die frisch geschiedene Hauptfigur Roslyn (Marilyn Monroe) gegen drei abgehalfterte Cowboys auf und konfrontiert die Männer mitten in der Wüste mit all ihren Ängsten, Mängeln und verlorenen Träumen. In „Point Blank“ sehen wir eine junge Frau, die in surrealen Wüstenlandschaften umherwandert, ein Aufbruch ins Entlegene der Welt und das eigene Innere. Mit jedem Schritt hinaus in die Wüste, begibt sich das Mädchen in ihre eigene Tiefe hinab, wo sie einen Ort sucht, der für die Platzierung ihrer Gefühle und Worte geeignet zu sein scheint. Doch im Gegensatz zu Roslyn richtet sich die junge Frau nun an abwesende Adressaten: „Liars“, „Murderers“ und „Dead Men“ ruft sie und dreht sich wild umher. Die Worte, die sich wie Schüsse in der Luft verteilen, fallen jedoch wieder auf sie zurück. Außer einem leicht vernehmbaren Echo gibt es keine Resonanz an diesem Ort, der als dramatische Sehnsuchtskulisse in die kollektive Kinogeschichte eingebrannt ist und die Besessenheiten einer verzerrten, patriarchalen Gesellschaft abbildet. An der selben Stelle, wo Roslyn noch drei Männern ein erschrockenes Staunen entlocken konnte, bleibt die junge Frau in Julia Charlotte Richters Video allein und ungehört, die Wüste als einziger Zeuge ihres Manifests, ihrer Wut und ihrer Stärke.
Regie,Produktion, Schnitt: Julia Charlotte Richter
Kamera: Ben Brix
Originalton und Mischung: Tobias Böhm
Sounddesign: Christian Wittmoser
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